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Jeder hat wohl schon einmal von den Zusammenhängen zwischen unserem Konsum und der Abholzung von Regenwäldern gehört. Ganz besonders berühren uns die Bilder von Orang-Utans, die ihre Habitate verteidigen und sich an den letzten Bäumen festklammern. Diese Bilder stammen von Borneo, ihrer einzigen Heimat. Borneo – diesen Namen verbinden wir gleichzeitig mit Artenvielfalt. Wie unvereinbar Raubbau und Artenvielfalt miteinander sind, konnte ich auf meiner Reise zu den Orang-Utans hautnah erleben. In diesem Beitrag erfährst du, wie du mit deiner Reise nach Borneo sinnvolle Projekte unterstützen kannst.

Dunkle Augen, die durch uns hindurchschauen. Mit hängenden Schultern steht er da und ich frage mich, ob er etwas von uns erwartet. Währenddessen erzählt uns ein Ranger die Geschichte dieses Orang-Utans. Er wurde, wie so viele seiner Art, gefangen gehalten und gequält. Er hat einen psychischen Schaden davongetragen und nun ist er hier in Therapie. Dennoch wird er wahrscheinlich nie wieder zurück in die Freiheit können. Mir wird klar, dass dieses Tier keine hohen Erwartungen mehr an uns Menschen stellt. 3 Meter vor mir steht ein sanfter Riese. Ein Tier mit einer so menschlichen Mimik, dass ich glaube, den Vorwurf gegen uns darin erkennen zu können.

Auf indonesisch bedeutet Orang „Mensch“ und Hutan „Wald“. Orang-Utan bedeutet also „Waldmensch“.


Wo wir uns befinden

Wir sind mitten in einem großen, geschützten Waldgebiet auf Borneo. Borneo gehört zu einem Teil zu Malaysia und zu einem Teil, dem Östlichen, zu Indonesien. Dieser Teil heißt Ostkalimantan. In der Nähe der Hauptstadt Balikpapan liegt Samboja Lestari. Es bezeichnet ein Aufforstungsprojekt der BOS Foundation, eine Organisation zur Rettung von Orang-Utans. Diese kaufte 2001 rund 1800 Hektar Land. Und das bestand damals nur noch aus Grasflächen, obwohl es einmal ein tropischer Regenwald gewesen ist. Innerhalb von 10 Jahren wurde diese Fläche wieder zu einem Wald aufgeforstet.


Auf der gegenüberliegenden Seite des traurigen Junggesellen wohnt eine Mutter mit ihrem Säugling. Das Kleine tobt tollpatschig und wild um sie herum. Es klettert kleine Bäume hinauf, baumelt von einem Ast und kullert dann zu Boden. Mama passt auf und lässt auch uns nicht aus den Augen. Nach einer Weile hat sie genug und hebt ihr Kind auf den Rücken, um im Dickicht zu verschwinden. Das Baby hat Glück, dass es seine Mama hat. Denn nach Samboja Lestari kommen sehr viele Waisenkinder.

Orang-Utan im Schutzreservat auf Borneo

Die Waisenkinder von Borneo

Es gibt einen Kindergarten für die Kleinen. Für die noch Kleineren braucht es schon Babysitter, die die Mutterrolle übernehmen. Denn ihre echten Mütter wurden getötet und die Babys hilflos und allein in den kahlen Waldgebieten zurückgelassen.

Wer noch klein ist, muss in die Schule. Daher werden die Kinder (aber auch viele der Erwachsenen) hier in der Waldschule auf ein Leben in Freiheit vorbereitet. Es gibt eine Grundschule und weiterführende Schulen. Wer diese gut abschließt ist ein gestandener Orang-Utan und darf hinaus. Nicht in die weite Welt, aber in die geschützten Wälder.

Wo wir wohnen

In der Samboja Lodge, die zur BOS Foundation gehört. Das kleine Hotel liegt mitten im Aufforstungsgebiet. Es besteht aus einem Aussichtsturm mit zwei doppelstöckigen Gebäudeflügeln. Alles wurde aus natürlichen Materialien gebaut, so fügt sich die Anlage optisch perfekt in den Dschungel ein. Verschiedene Zimmer und Verpflegungsmöglichkeiten bieten einen hohen Komfort. Wir hatten ein Standardzimmer, das auf uns geradezu luxuriös wirkte, da wir die Wochen zuvor auf den Togian Inseln unter einfacheren Bedingungen verbracht hatten. Wer aber echten Luxus möchte, hat die Möglichkeit, sich eine der Suiten in den oberen Etagen zu mieten. Von dort aus hat man einen beeindruckenden Weitblick über den Dschungel.

Samboja Lodge auf Borneo
Zimmer in der Samboja Lodge
Auch von den Standardzimmern aus blickt man ins Grüne.

Fußläufig erreicht man einige der Inseln, auf denen die Orang-Utans leben. Weiter hinten auf dem Gelände leben Malaienbären. Bei einem Rundgang wird man von einem Ranger begleitet, der den Besuchern viel Wissen über die Tiere vermittelt.

Die traurigen Bären von Borneo

Malaienbären sind kleine Bären, die höchstens 65 Kilogramm auf die Waage bringen und maximal eine Körperlänge von 1,40 Meter erreichen können. Dennoch gehören sie zur Familie der Großbären. Das Fell der Bären, die auch Sonnenbären genannt werden, ist dunkelbraun bis schwarz. Leider stehen sie auf der Roten Liste der bedrohten Tierarten. Ihr Bestand wird als gefährdet eingestuft – und das, während sie als die am wenigsten erforschte Bärenart weltweit gilt. Stell dir einmal vor: es kann passieren, dass eine Art ausstirbt, über die wir noch nicht einmal viel wissen!

Warum Sonnenbär? Weil sie auf ihrer Brust eine hufeisenförmige Zeichnung haben, die an eine auf- oder untergehende Sonne erinnert. Diese Zeichnung ist so individuell wie ein Fingerabdruck.

Wodurch werden diese Tiere gefährdet?

Die Malaienbären haben es wirklich schwer. Gleich drei Faktoren führen zu ihrer Gefährdung. Einerseits schrumpft ihr Lebensraum durch die Abholzung von Regenwäldern für die Palmöl- und Papiergewinnung. Der zweite Grund ist, dass sie gejagt werden, da ihre Galle aufgrund eines chinesischen Aberglaubens zu Medizin verarbeitet wird. Dazu gelten ihre Pranken mancherorts als Delikatesse. Der dritte Grund ist, dass die Bären häufig als Haustiere gehalten werden. Dazu werden niedliche Jungtiere ihren Müttern entrissen. Die Mütter werden getötet, die Jungtiere landen in kleinen Käfigen, in denen sie unter schrecklichen Bedingungen ihr Dasein fristen müssen. Viele von ihnen werden vernachlässigt und sogar verstümmelt. Einige haben das Glück vom indonesischen Forstministerium gefunden und beschlagnahmt zu werden, und landen hier.

Mich hat das Schicksal der Sonnenbären ganz besonders berührt. Denn für sie fehlt eigentlich der Platz hier auf dem Gelände der BOS Foundation. So leben sie in Gruppen zusammen, obwohl sie Einzelgänger sind. Das führt hin und wieder zu Streit. Außerdem haben sie sehr hübsche Gesichter mit sehr traurigen Augen. Und das habe ich mir offenbar nicht nur eingebildet. Denn zum geringen Wissen über diese Art zählt, dass sie eine komplexe Kommunikation beherrschen, bei der auch die Veränderung des Gesichtsausdrucks eine Rolle spielt.

Ein Malaienbär im Schutzreservat auf Borneo

Die Tage in der Samboja Lodge

Noch vor Sonnenaufgang, bei völliger Dunkelheit, schleichen wir uns mit zwei Tassen Kaffee den Turm hinauf. Es ist magisch. Zu zweit stehen wir um 5.00 Uhr in der Früh hier, hoch über den Baumwipfeln, und hören, wie der Dschungel langsam erwacht. Zuerst sind da nur die Zikaden, die ihr tägliches Lied anstimmen.

(Sing-)Zikaden sind Insekten, die Laute produzieren, vergleichbar mit denen der Heuschrecken und Grillen. Nur deutlich lauter. Einige sind so laut, dass sie an Sirenen erinnern.

Kurz vor Erwachen des Dschungels
Kurz nach Sonnenaufgang.

Dann raschelt es in den Bäumen. In der Ferne hören wir ein tiefes Brüllen und kurz darauf lautes Affenkreischen. Die Sonne geht langsam auf. Und mit dem ersten Licht tut sich das reinste Affentheater vor unseren Augen auf. Sie sitzen in den Bäumen, necken sich, springen von Ast zu Ast. Ganze Familien, mit Babys. Wir sehen ihnen so lange zu, bis unsere Mägen knurren und es Zeit für ein Frühstück wird. Siehe da – vom offenen Restaurant aus können wir die Affenbande weiterbeobachten.

Makaken

Tagsüber stehen wir auf der Ladefläche eines Pickups und lassen uns über die holprigen Waldwege fahren. Für uns pures Abenteuer! Unser Ziel ist der Bukit Bangkirai, ein geschützter Teil des Waldes, den man zum Teil über Hängebrücken erkunden kann. Wir lernen dank unseres Guides vieles über die Waldbewohner. Er schleicht sich mit uns an eine Spinnenhöhle heran, um uns eine Vogelspinne zu zeigen. Dann zeigt er uns eine Zikade, die wir allein nicht entdeckt hätten, weil sie so gut getarnt ist.

Das Holz einiger der hier vorkommenden Baumarten (verschiedene Shorea-Arten), wird hierzulande unter dem Namen „Bangkirai“ als Terrassendielen verkauft. Ein schmerzhafter Gedanke, wenn man in einem Wald auf Borneo steht.

Singzikade

Nach einem Spaziergang über die Hängebrücken, (die allerdings weniger spektakulär war, als in meiner Vorstellung) geht es an den nahegelegenen „Schwarzen Fluss“ Sungai Hitam. Dort steigen wir in das Holzboot eines Fischers, der uns mit über den Fluss durch den Dschungel nimmt. Unser Wunsch Nasenaffen in freier Wildbahn zu beobachten, erfüllt sich. Trotz ihrer dicken Bäuche toben sie durch das Geäst als seien sie schwerelos. Hier sehen wir einen kleinen Ausschnitt dessen, was wir uns unter Borneo vorgestellt hatten.

Borneo vom Wasser aus

Unsere Reise neigt sich dem Ende zu. Zurück geht die Fahrt an Steinbrüchen und gerodeten Wäldern vorbei. Unterwegs sehen wir zahllose Baufahrzeuge und LKW.

Das Fazit einer Borneo-Reise

Mit unserem Besuch haben wir die Projekte der BOS Foundation unterstützt. Die Gelder, die durch Ausflüge und Übernachtungen eingenommen werden, fließen direkt wieder in die Rettung und Pflege der Tiere. Die umliegende Bevölkerung wird in die Projekte mit einbezogen. Es werden Arbeitsplätze gesichert und Aufklärungsarbeit geleistet. Dadurch, dass die BOS Foundation selbst ein Abnehmer für zahlreiche Ernten der umliegenden Farmen ist, ist die Akzeptanz hoch. Damit ist ein wichtiger Punkt für den Fortbestand dieser Schutzgebiete erfüllt.

Du kannst die Projekte nicht nur im Rahmen einer Reise unterstützen. Selbstverständlich sind auch Spenden möglich. Außerdem gibt es einen Shop, der mit seinen Einnahmen einen kleinen Beitrag leistet.

Orang-Utan im Schutzreservat auf Borneo

Die Begegnung mit Orang-Utans war ein bewegendes Erlebnis, das weit über das hinausging, was ich mir vorstellen konnte. Ich hielt Orang-Utans immer für hässlich und uninteressant. Weil ich überhaupt nichts über sie wusste. In der Samboja Lodge habe ich vieles über sie gelernt und sie als fühlende Wesen erlebt.

Über Malaienbären hatte ich bis dahin noch nie etwas gehört oder gesehen. Dass eine Art verschwindet, von deren Existenz manche Menschen nichts wussten, möchte ich mir nicht vorstellen.

Malaienbär im Schutzreservat auf Borneo

Es waren nur wenige Tage, die mir gezeigt haben, welche verheerenden Auswirkungen unser Konsum haben kann. Ich denke bei jedem Einkauf an meine Zeit in Borneo, und achte darauf auf Palmöl, aber möglichst auch auf andere lebensraumzerstörende Inhaltsstoffe zu verzichten. Auch du kannst mit deinen Entscheidungen aktiv dabei helfen, Orang-Utans und andere Tiere zu schützen. Denn alles hängt irgendwie zusammen.

Autorin

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